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Ortsbegehung
6 - paper marks
Marc
Brandenburg • Ursula Döbereiner • Ueli Etter
Kurator:
Harald Fricke. 8. Juli - 20. August 2000
Eröffnung:
7. Juli 2000, 19 Uhr
Bereits
zum sechsten Mal trägt eine Ausstellung des Neuen Berliner Kunst-
vereins die Überschrift „Ortsbegehung". Sie ist die sechste Folge
einer Reihe, die in jährlichem Rhythmus zeitgenössische Positionen
junger Kunst mit drei Vertretern aus Berlin präsentiert. Sie werden
jeweils von einem Gastkurator ausgewählt und sind durch ein aktuelles
Thema miteinander verknüpft. Auf diese Weise wurden in den vergangenen
Jahren Themenbereiche wie Pop-Kultur, Fotografie, Malerei oder Neue Medien
untersucht. Die diesjährige Ausstellung mit dem Titel „paper marks"
wurde von Harald Fricke konzipiert und stellt drei junge Künstler
vor, Marc Brandenburg, Ursula Döbereiner und Ueli Etter, die sich
im weitestem Sinne mit dem Medium Zeichnung beschäftigen. Die
Zeichnung läßt sich heute nicht mehr im Begriff eines spezifischen
Stils oder in einer medial eindeutigen Definition fassen. Sie ist ein offenes,
expandierendes Medium geworden, indem sie auch andere Gattungen und Ausdruckformen
in sich aufnimmt, mit ihnen in Verbindung tritt. Vor allem verarbeitet
sie die Möglich- keiten der neuen technischen Medien und setzt sich
mit ihrer Second-hand- Realität auseinander.
Zeichnung
ist ein Medium, wie der Kurator Harald Fricke in seinem Katalog- essay
beschreibt, das über genaue Beobachtung und dichte Beschreibung funktioniert.
Das gilt für den Betrachter, das gilt aber auch für den Produzenten.
Tatsächlich beschäftigen sich die für „Ortsbegehung 6"
ausgewählten Künstlerinnen und Künstler damit, welchen Stellenwert
die Zeichnung in einer immer mehr über Medien vermittelte Welt hat.
Ihre Arbeiten halten fest, was im schnellen Fluss medialer Images vorbeirauscht:
die Informationen, die diese Bilder unentwegt dem Betrachter übermitteln,
und eine Stimmung, die sich in der Erinnerung aus all diesen Zeichen aufbaut.
Was übrigbleibt ist eine Spur, ein Gespür für Gemeinsamkeiten
im disparaten visuellen Material: paper marks, Markierungen auf Papier,
die im Akt des Markierens die Flüchtigkeit des Gesehenen wiederholen
und zugleich konservieren.
So
benutzt etwa Ursula Döbereiner fotografische Vorlagen, von Taschen,
von Sport- und Freizeitgeräten, an denen man die original Markenprodukte
wie Prada, Nike oder Louis Vuitton deutlich erkennen kann. Doch in der
Reduktion auf die Umrisslinie, in der grafischen Übersetzung in Pixel
und im wandgroßen Ausdruck des Computers unterscheidet sich der Luxus-Artikel
kaum von einer Plastiktüte. Damit verschwindet bei Döbereiner
aber auch jegliche libidinöse Besetzung, auch wenn der fetischistische
Charakter des luxuriösen Lifestyle erkennbar bleibt. Die Zeichnung
schiebt sich zwischen das Spezialwissen in Sachen Mode und den banalen
Objekt- charakter. Dabei dominiert eine kühle, in sich gebrochene
Warenästhetik. Fragmentiert und isoliert scheinen Gegenstände
und selbst Gesten in der Abstraktion aufzugehen.
Marc
Brandenburg arbeitet mit ähnlichen Mitteln. Ständig vermischen
sich in seinen kleinformatigen Zeichnungen private und soziale Fantasien,
überlagern sich Beobachtung, Effekt und Verfremdung. Auch für
Brandenburg dienen Motive aus der Werbung oder aus dem eigenen Fotoalbum
als Bildquelle. In der Bearbeitung wird die reproduzierte Realität
jedoch mit den visuellen Tricks technischer Apparate konfrontiert: Negativ-
darstellungen, extrem vergrößerte Details oder kameraartige
Zooms geben seinen Zyklen und Serien den Anschein gezeichneter Filmstills.
Ohne eindeutige Handlungen aufzeigen zu wollen, verlagert Brandenburg das
Geschehen in ein klaustrophobisches Allover aus dunklen atmosphärischen
Bildern, die zudem unter Schwarzlicht präsentiert werden.
Ueli
Etter hingegen versucht mit seinem "PARK"-Projekt kollektive Fantasien
ins Spiel zu bringen. Sein Entwurf ist wie ein Paralleluniversum angelegt,
in dem alles Leben völlig fiktionalisiert erscheint: Körper werden
zu durchlöcherten Brunnenfiguren, Drogen zum Elixir für ein allein
im Rausch erträgliches Dasein und der Zirkus zur Spielwiese für
Gewalt und Tod. Etters Topografie aus Nischen und Tabuzonen fügt sich
in ein Modell, das die Übertretung zum Status Quo erklärt. Darin
korrespondiert seine Vision mit einer trotz Festivals, urban entertainment
und städtischer Eventkultur reglementierten Gesellschaft, die Kreativität
als Dienstleistung verbucht und kulturelle Strategien allein nach unternehmerischen
Gesichtspunkten bewertet und befördert. In Etters Zeichnungen, die
sich über reale und virtuelle Räume erstrecken, spiegelt sich
ein Plan, auf dem die Summe aller Beziehungen unter Individuen in Willkür
mündet - und in einem ornamentalen Reigen.
Zur
Ausstellung, die anschließend vom 3. September bis 8. Oktober auch
im Kunstverein Göttingen gezeigt wird, erscheint ein zweisprachiger
(deutsch/englisch) Katalog zum Preis von 18 DM.
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