Home NBK allgemein Ausstellungen Treffpunkt NBK Artothek Video-Forum Öffnungszeiten |
Ortsbegehung
9 David Adam (Jg. 1970),
Absolvent der Dresdner Kunstakademie, wurde 1989, kurz vor Mauerfall, beim
Fotografieren verbotener Dinge in Dresden verhaftet und für einige Tage
in Bautzen I inhaftiert. Elf Jahre später fotografierte er auch diesen
Ort, das berüchtigte Gefängnis Bautzen II, und inszenierte es zu
einem Ort „durchschnittlicher Schönheit“, wie er selbst es nennt. Hier,
in raum_bild, zeigt er die kleinformatigen Raumdetails aus der Haftanstalt
in Verbindung mit einer aktuellen, konstruktiven Wand-Bodenarbeit, dem Belohnungsraum,
so der Titel seiner Installation. In einigen DDR-Gefängnissen war die
so genannte Begünstigtenzelle Ansporn für einige Häftlinge,
andere auszuspionieren. Die so „Begünstigten“ konnten sich ihre Haftbedingungen
durch eine luxuriösere Ausstattung ihrer Zelle erleichtern. Adam baut
solche Zellen, die für ihn zum Belohnungsraum werden, mit Hilfe von großformatigen,
realen Bildern von Bordellen, Einrichtungshäusern oder der Präsidentensuite
eines Luxushotels nach. Das Repräsentative verschiebt sich innerhalb
der vermeintlichen Rekonstruktion. Vergrößerte Aufnahmen von Fußböden
in öffentlichen Gebäuden, zur skulpturalen Form übersetzt,
werden ergänzend in eine räumlich-axiale, verwirrende Beziehung
zu dem jeweiligen Belohnungsraum gesetzt.
Jens Liebchen (Jg. 1970)
absolvierte kein Fotografie- oder Kunststudium, stattdessen studierte er Ethnologie
und assistierte unterschiedlichen Fotografen in Deutschland und Großbritannien.
Seine aus der Reportage kommende Fotografie bleibt in der Schwebe zwischen
Dokumentation und Konzept, so auch seine Arbeit „Rossija Transfer“ für
die Ausstellung im NBK. Die Handlung spielt an einem konkreten Ort, einem
der größten Hotels Europas, dem „Rossija“ im Herzen Moskaus, erbaut
1967. Die Werbebroschüre des Drei-Sterne-Hotels weist es als „visit
card of the face of Moscow“ aus. Liebchen verbrachte viele Nächte an
diesem Ort, der zu einem Anlaufpunkt von Tausenden Menschen unterschiedlicher
Völker wurde und wird, zu einer Schnittstelle der Migration. Ergänzt
wird sein narratives Fototableau durch den Videoloop einer Autofahrt vom
Moskauer Flughafen Sheremetyevo zum Hotel am Kreml, einer metaphorischen
Annäherung vom Außen ins Innerste eines riesigen Landes. Die Auswahl
dieser jüngst realisierten Werkgruppe ist auch als Brückenschlag
zu der im Herbst im Martin Gropius Bau gezeigten Ausstellung Berlin-Moskau
zu verstehen.
Adrian Sauer, Türen,
2003 Adrian Sauer (Jg. 1976)
studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Timm
Rautert Fotografie. Mit seinen
digital modifizierten Raumbildern führt er formal das weiter, was seine
Berliner Kollegen Gero Gries und Martin Dörbaum vorformuliert haben.
Er verändert eine eigene analoge Aufnahme eines einfachen Innenraumes
unserer „umbauten Umgebung“ (Sauer) aus alltäglichen Blickwinkeln Schritt
für Schritt in ein digitales Muster mit Flächen und Verläufen.
Die Türen, Treppen und Regale, dies die bestimmenden Hauptmotive, wirken
real und künstlich zugleich. Die Reproduktion gleicht dem Original bis
ins Detail, die Veränderung betrifft nicht das Dargestellte, sondern
die Darstellung. Adrian Sauer nimmt mit diesen Arbeiten, die traditionelle
Fotografie und virtuelle Malerei verbinden, momentan auch an der Wanderausstellung
Silver & Gold teil; im begleitenden Katalog entdeckt Christoph Ribbat
in seinen Bildern das „Abprallen des Blickes, selbst an den Fenstern, weil
sie nicht mehr vom Alltag künden, sondern von einer zufallsfreien Hyperrealität“. |